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Koushan, Mansour

H.A.M. 0

Mansour Koushan
Schriftsteller und Dramaturg


Geb.: 26. 12. 1948 in Isfahan/ Iran


Mansour Koushan

Bereits während seiner Gymnasialzeit beginnt er mit dem Schreiben von – eher romantischen – Gedichten und Kurzgeschichten, die in Jugendzeitschriften veröffentlicht werden. Gleichzeitig kommt er in Berührung mit jonge esfehan, der renommierten literarischen Gruppe seiner Stadt, und wendet sich entschieden der literarischen Moderne und insbesondere dem Theater zu. Es entstehen mehrere Theaterstücke, u. a. das erfolgreiche Stück faryadi baraye gush-haye kar (ein Schrei für die tauben Ohren), das den ersten Preis des iranischen Theaterwettbewerbs erhält und vom Iranischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Mansour Koushan bekommt das Angebot, die Leitung der Kulturabteilung des Fernsehsenders Isfahan zu übernehmen. Er nimmt an, da sich ihm so die Möglichkeit bietet, mit der Regie eigener sowie von Stücken anderer Schriftsteller beim Fernsehen Erfahrungen zu sammeln.


In den Jahren 1973 und 1974 inszeniert er als Regisseur und Leiter der Kulturabteilung des Fernsehens Stücke von Jean Genet, Eugene O’Neil, Per Lagerquist, sowie eigene Werke. Zwei davon werden in dieser Zeit auch an der Universität aufgeführt, wo er sich, zusammen mit seinen Studenten, vor allem der Strukturanalyse des modernen Theaters widmet. Die Ergebnisse dieser Recherchen und Studien werden in führenden literarischen Zeitschriften wie ayandegane adabi (die literarische Zukunft) veröffentlicht.


1975 übersiedelt Mansour Koushan nach Isfahan. Hier arbeitet er als freier Schriftsteller für unabhängige Gruppen, schreibt Theaterstücke und Fernsehdrehbücher, widmet sich daneben seinen Studien und Recherchen und ist Autor von Artikeln und Theaterkritiken für renommierte literarische Zeitschriften wie Mahnamehyeh Roudaki. In dieser Zeit etabliert er sich als Schriftsteller der Moderne und wird vom so genannten Gremium zur Harmonisierung der Kulturen – einer Einrichtung des Kultusministeriums – eingeladen, an der umfassenden Studie zur nemayeshnamehnevisi dar Iran az aghaz ta 1350 (das Iranische Theater vom Anbeginn bis 1970) teilzunehmen. Aus dieser Tätigkeit entsteht ein vierbändiges Werk zur Bestandsaufnahme des Iranischen Theaters.


Im Winter 1978 beginnt Mansour Koushans einjährige Mitarbeit als Berater und Theaterautor beim zweiten Iranischen Fernsehsender. Daneben entstehen – in Zusammenarbeit mit der UNICEF – Drehbücher für eine Kinder-Filmreihe. Bei Ausbruch der Iranischen Revolution wird aus dieser Reihe allerdings nur ein Film produziert, nämlich ba bacheha ta baziye akhar (mit den Kindern bis zum letzten Spiel).


Zwei Monate nach der Revolution erhält er das Angebot, als Kulturberater beim Radio und Fernsehen der Islamischen Republik Iran tätig zu werden, und akzeptiert zunächst. Obwohl frisch verheiratet und finanziell auf die Anstellung angewiesen ist, kündigt Koushan jedoch einige Zeit später wieder und verweigert jede weitere Zusammenarbeit mit Kamal Kharazi, dem verantwortlichen Programmdirektor. In dieser politisch-kritischen Lage gründet er, gemeinsam mit einigen engen Freunden, die Monatszeitschrift Iran für Kultur, Kunst und Literatur – und muß miterleben, dass die Publikation nach elf Ausgaben von der Zensurbehörde verboten und aufgelöst wird.


In den „schwarzen Jahren“ 1980 bis 1984 lebt Mansour Koushan, wie mit ihm viele andere Iranische Schriftsteller der Moderne, im Inneren Exil: verbannt in sein Haus, als Schriftsteller mit Veröffentlichungs-Verbot und bar jeder Hoffnung, seine Theaterstücke jemals wieder aufführen zu können. In dieser Zeit wendet er sich erneut der Lyrik und dem Roman zu und es entstehen die Sammlungen vahemehayeh zendegi (Lebensängste), vahemehhaye marg (Todesängste), sayeha, shabnam va abrisham, (Schatten, Tau und Seide) die allerdings erst Ende der achtziger Jahre publiziert werden.


Der Vater von zwei Kindern (Sohn Borna und Tochter Khonya) sieht sich angesichts seiner finanziellen Notlage gezwungen, unter Pseudonymen (u. a. Arash Arami) mehrere Drehbücher für seine früheren Kollegen beim Radio und Fernsehen der Islamischen Republik zu schreiben und sogar für einige – wie zeh har kuhi, zeh har kuhi (von jedem Berg aus, von jedem Berg aus) – auch selber Regie zu führen. Ein Teil dieser Filme wird massiv zensiert, andere überhaupt nicht ausgestrahlt.


Mit der Entspannung des kulturellen Klimas und der Veröffentlichung zweier Ausgaben der Zeitschrift adineh, schließt sich Koushan für kurze Zeit dem Redaktionsteam an und übernimmt wenig später die Redaktionsleitung der Zeitschrift donyaye sokhan, die allerdings nach vier Ausgaben verboten wird. Daraufhin arbeitet er wieder unter Pseudonym für das Radio und Fernsehen der Islamischen Republik. Aus dieser Zeit (1988) stammen die Novelle khabe sabouhi va tab’idiha (Morgenschlaf und Exilanten), der Roman mehagh (Mondschwund), mehrere Drehbücher sowie Fernseh- und Dokumentarfilme.


1989 nimmt Mansour Koushan an der Seite von Abas Maroufi die Arbeit an der Wochenzeitschrift gardun auf. Nach zwei Jahren und 23 Ausgaben wird auch diese Zeitschrift verboten (per Gerichtsbeschluß wird das Verbot allerdings wieder aufgehoben). Gemeinsam mit Freunden versucht er in dieser Zeit, den Iranischen Schriftstellerverband erneut ins Leben zu rufen.


1991 erscheint Koushans Roman adabe zamini (irdische Riten), ein Jahr später übernimmt er die Chefredaktion der Kulturzeitschrift takapou und setzt sich für die Etablierung des Schriftstellerverbands und Wiederbelebung der modernen Iranischen Literatur ein.


Takapou wird nach 14 Ausgaben – über zwei Jahre hinweg nach mehreren Vernehmungen und wiederholten Drohungen -verboten und ihr Erscheinen schließlich, aufgrund einer persönlichen Direktive des Präsidenten Khamenei, innerhalb von nur zwei Tagen ganz eingestellt.


Zu dieser Zeit bemüht sich Koushan – als Mitglied des Beratungsgremiums einer der sechs Herausgeber des Communiqué der 134 Schriftsteller und des Organisations-komitees der Generalversammlung des Schriftstellerverbandes – einerseits um die Wiederaufnahme der Verbandsaktivitäten und andererseits um die Annäherung an und freie Zusammenarbeit mit der iranischen Presse. Ziel ist die Bildung eines übergreifenden Organs zur Verteidigung der Rechte der Schriftsteller und Journalisten. In diesem Zug wird er zum Generaldirektor und Vorsitzender des Vorstands der Presse-Gewerkschaft berufen.


Zeitgleich mit dem Wahlsieg von Khatami (1996) zum Präsidenten und vor dem Hintergrund einer politisch wie sozial äußerst zwiespältigen Lage, wird die Zeitschrift boutighaye nou nach zwei Ausgaben verboten. Koushan übernimmt daraufhin die Chefredaktion der Zeitschrift adineh. Er versucht, die Zusammenarbeit renommierter iransicher Schriftsteller zu gewinnen und zur Entstehung eines freien demokratischen Umfelds in der Presse beizutragen. Als Konsequenz werden mehrere seiner Theaterstücke gerdabe asheghan (Strudel der Liebenden), bazihaye penhan (verborgene Spiele), bazihaye ulys (Ulyses Spiele) und der Roman raze khab, vom Kultusministerium der Islamischen Regierung zensiert und schließlich verboten. Koushan wird mit den sechs weiteren Herausgebern des „Communiqué der 134 Schriftsteller“ verhaftet und kurz darauf durch Richter Ahmadi zum Tode verurteilt. Im Herbst 1998 – nachdem sowohl er als auch seine Schriftsteller-Freund Mohammad Mokhtari und Mohammad-Jafar Puyandeh bereits mehrfach verhaftet worden sind – erhält er vom Haus der Freiheit und Menschenrechte in Norwegen eine Einladung nach Oslo. Im Winter 1998 – noch während seines Aufenthaltes in der norwegischen Hauptstadt – erreicht ihn die Nachricht von der Ermordung seiner Freunde. Danach kehrt er nicht mehr in den Iran zurück und entscheidet sich für das norwegische Exil.


Bis April 2000 reist Mansour Koushan durch verschiedene europäische Städte und hält Vorträge zur Menschenrechts-Situation in Iran, um die Öffentlichkeit über das wahre Gesicht der Regierung von Khatami aufzuklären. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Artikel und nicht zuletzt er ist es, der für die Grundlagen zur Entstehung der Enzyklopädie der Zensur, herausgegeben vom Haus der Freiheit und Menschenrechte in Oslo, verantwortlich zeichnet.


Seit April 2000 lebt Koushan mit seiner Familie im südnorwegischen Stavanger. Als künstlerischer Leiter des Sulberg Theaters hat er bis heute verschiedene sowohl eigene als auch Stücke von Harold Pinter, Federico Garcia Lorca und anderen Autoren in norwegischer Sprache inszeniert.


Im Exil sind bislang sechs Theaterstücke, vier Romane, zwei Gedichtsbände, eine Sammlung von Kurzgeschichten und eine Vielzahl von Studien sowie journalistische Arbeiten veröffentlicht worden. Mehrere seiner Bücher wurden ins Norwegische übersetzt.


Seit Januar 2006 arbeitet Koushan mit dem Team Xpress:Stavanger fribysenter an seinem Theaterstück Noura + Noura oder die Ängste der Chance. Basierend auf den Arbeiten von Henrik Ibsen soll es zum hundertsten Todesjahr des bedeutendsten norwegischen Dramatikers im Sundberg Theater aufgeführt werden.


Am 15. November 2010, dem internationalen  ‚Tag des inhaftierten Schriftstellers‘ wird Mansour Koushan vom norwegischen PEN für seine Verdienste um die Menschenrechte und die Freiheit des Wortes im Literaturhaus Oslo mit der Carl-von-Ossietzky -Medaille ausgezeichnet.

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