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Lévy-Haas, Hanna

H.A.M. 0

Hanna Lévy-Hass
Literaturwissenschaftlerin


Geb. 1913 in Sarajevo/ Österreich-Ungarn


„Die Befreiung von 1945 hat zwar noch viele Menschen gerettet. Doch wer das mitgemacht hat, kann sich eigentlich nie mehr richtig davon erholen , weder physisch noch psychisch…“

(Hanna Lévy-Hass 1978 in einem Interview)


Hanna Lévy-Hass wächst in einer jüdischen Mittelstands-Familie auf, geht in Sarajevo zur Schule und immatrikuliert sich danach in Belgrad für Literatur und romanische Sprachen. In dieser Zeit kommt sie auch zum erstenmal mit marxistischen Kreisen in Berührung. Sie übersiedelt nach Frankreich und setzt an Pariser Sorbonne ihre Studien fort. Von 1938 bis 1941 unterrichtet sie – mittlerweile wieder in ihre jugoslawische Heimat zurückgekehrt – unter anderem am Gymnasium im montenegrinischen Cetinje und engagiert sich politisch in derillegalen kommunistischen Partei.


Anfang April 1941 marschieren deutsche und italienische Truppen in das damalige Königreich Jugoslawien ein. Kurz nach der Kapitulation wird Hanna Lévy-Hass vom Schuldienst suspendiert und schließt sich den Partisanen unter Tito an. Im September 1943, nach der Kapitulations Italiens, kommt es auch in Montenegro zur Verhaftung und Verschleppung von Juden durch die Nazis. Hanna Lévy-Hass wird im Februar 1944 von der Gestapo festgenommen und beginnt in den folgenden sechs Haft-Monaten, Tagebuch zu führen.


Im Sommer 1944 wird sie nach Bergen-Belsen deportiert, wo sie weiterhin heimlich und unter Gefahren, Aufzeichnungen macht. Ihr Tagebuch erscheint nach dem Krieg in mehreren Sprachen. Sie erteilt, trotz Verbotes, den Kindern im Lager Unterricht, ohne Bücher, Papier und Schreibutensilien.

Im April 1945 deportiert man Hanna Levy-Hass, zusammen mit tausend anderen Häftlingen, Richtung Osten. Nach ihrer Befreiung durch alliierte Truppen marschiert sie durch die sowjetisch besetzten Gebiete bis nach Dresden, kann allerdings erst im August in ihre Heimat zurückkehren. Lévy-Hass‘ Eltern und weitere Angehörige sind von den Nationalsozialisten umgebracht worden und nur noch ein Bruder und eine Schwester haben in Jugoslawien überlebt.


Die studierte Romanistin arbeitet in den ersten Nachkriegsjahren als Französisch-Übersetzerin beim regierungsamtlichen Sender Radio Belgrad, wandert jedoch Ende 1948, angesichts zunehmender Differenzen zwischen Stalin und Tito und einer sehr persönlichen Enttäuschung über den Stellenwert ehemaliger KZ-Opfer im kommunistischen Jugoslawien, nach Israel aus. Sie tritt der kommunistischen Partei bei und gehört zu den Mitbegründerinnen der israelischen Frauenbewegung.


Hanna Lévy-Hass, die Israel ihr „einziges Zuhause“ nennt, wendet sich vehement gegen die „offizielle Besatzungspolitik und die Unterdrückung der arabischen Bevölkerung“: „Die Idee des Friedens im Nahen Osten und das friedliche Streben danach sind der einzige Sinn unseres Lebens“ bekennt die mittlerweile in der Nähe von Paris lebende Literaturwissenschaftlerin und Mutter der israelischen Journalistin Amira Hass.


Quelle: 

Renata Laqueur: Schreiben im KZ. Tagebücher 1940-1945 Bearbeitet von Martina Dreisbach und mit einem Geleitwort von
Rolf Wernstedt, Donat-Verlag, Bremen 1992, Zugl.: New York, Univ., Diss., ISBN 3-924444-09-9, S. 127ff.

Hier können Sie ein Interview herunterladen, das Ulrike Müller am 7. Juli 1994 in New York mit Dr. Renata Laqueur über das Thema Schreiben im KZ geführt hat.


Literatur:

Floris B. Bakels: Verbeelding als Wapen, Tjeenk Willink, Haarlem, 1947
Karl Adolf Gross: Zweitausend Tage Dachau. Erlebnisse eines Christenmenschen unter Herrenmenschen und Herdenmenschen. Berichte und Tagebücher des Häftlings Nr. 16921. Neubau-Verlag, München, 1946
Abel Herzberg: Tweestromenland. Dagboek uit Bergen-Belsen, Arnhem, 1950
Heinrich Eduard vom Holt: Weltfahrt ins Herz. Tagebuch eines Arztes, Balduin-Pick-Verlag, Köln, 1947
David Koker: Judendurchgangslager Vught. 13. Februar 1943 bis 8. Februar 1944. Reichsinstitut für Kriegsdokumentation, Amsterdam, unveröffentlicht
Edgar Kupfer-Koberwitz: Die Mächtigen und die Hilflosen. Als Häftling in Dachau. Band 1: Wie es begann. Band 2: Wie es endete. Friedrich-Vorwerk-Verlag, Stuttgart, 1957
Jacques Lamy: Buchenwald, 18. Januar 1944 bis 25. Juni 1945, unveröffentlicht, im Besitz des Autors
Hanna Lévy-Hass: Vielleicht war das alles erst der Anfang. Tagebuch aus dem KZ Bergen-Belsen 1944-1945, Rotbuch-Verlag, 12. bis 13. Tausend, Berlin 1982
Philip Mechanicus: In Dépôt. Dagboek uit Westerbork. Polak & Van Gennep, Amsterdam, 1964
Simone Saint-Clair: Ravensbrück: L’Enfer des Femmes. Fayard, Paris, 1967
Gerty Spies: Tagebuchfragment aus Theresienstadt. In: Drei Jahre in Theresienstadt, München, Verlag Christian Kaiser, 1984, S. 98-113
Loden Vogel: Dagboek uit een Kamp, G.A. Van Oorschot, Amsterdam, 1965


Links (deutsch):

http://www.bergen-belsen.de/de/publikationen

http://www.brandenburg.de/~mwfkneu/minister/presse_alt/html/pr_99_071.htm

http://www.nahost-politik.de/israel/kultur/amira-hass.htm


International:

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