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Manea, Norman

H.A.M. 0

Norman Manea
Schriftsteller

Geb. 1936 in Burdujeni-Suceava, Rumänien


Norman Manea hat ein erstes Exil grausam erfahren, als er fünf Jahre alt war. Er war 1936 in Burdujeni-Suceava in der rumänischen Bukowina geboren worden. In der kleinen ländlichen Stadt auf ehemals österreichischem Gebiet lebten fast ebenso viele Deutsch- wie Rumänischsprachige. 1941 wurden er und seine Familie, wie fast die gesamte jüdische Bevölkerung der Bukowina, nach Transnistrien in der Ukraine deportiert. Sie überlebten vier Jahre deutsches Konzentrationslager. 1945 kehrten sie in ein inzwischen sozialistisches Rumänien zurück.


Maneas zweites Exil begann, als er mit 50 Jahren Rumänien verließ. Er und seine Frau leben seit 1988 in New York, wo er einen Lehrauftrag hat..
Schon als Kind hat er erfahren, was es bedeutet, fremd, einsam und bedroht zu sein: «Sehr früh war ich in einer Situation, die mich ängstigte, aus meiner Umgebung riss. Nach diesen vier Jahren Unstabilität hatte ich nie mehr ein Gefühl der Sicherheit. Aber darum habe ich gekämpft und schließlich eine Heimat in der Sprache gefunden.»
In beklemmende Bilder hat er seine traumatischen Erfahrungen in den Erzählbänden «Roboterbiographie» und «Training fürs Paradies» umgesetzt. Es sind Geschichten mit einem autobiographischen Ausgangspunkt, auch diejenigen, die die schwierige Rückkehr zur «Normalität» schildern. Diese hat nichts mit einem Paradies gemein. In nahezu allen Texten tritt dasselbe Ich auf, und so fügen sich die Erzählungen zu einer Art Entwicklungsroman zusammen. Jedoch gibt Manea keinen Erlebnisbericht. Vielmehr spiegelt er die Sicht eines Kindes, dem sich das Inferno des Konzentrationslagers mit Wünschen, Visionen und Alpträumen durchsetzt.


In der Erzählung «Tod» spielen die Kinder «Erschiessung»: Die Spielregel verlangt, dass sie nach einem Signal reglos in der Stellung verharren müssen, in der sie sich befinden. Scharf-schützen beobachten sie vom Wachturm aus.
Eine andere Erzählung lässt den Jungen Erinnerungen an eine heile Welt nachhängen, während er und andere Gefangene auf den Rücktransport warten. Der Geruch einer Tasse Tee hat sie heraufbeschworen. Doch: «Angst und Hunger, Erniedrigung, die blinde, wilde, tierische Ungeduld, ein grausames Alleinsein, das ist geblieben. Und nur dadurch, vielleicht, auch die Kindheit.» Die «Brutalität der Gleichgültigkeit» verliert er erst sehr viel später und wird zu dem, «was man ein… sensibles Wesen nennt». «Prousts Tee» heißt die Erzählung, und die Ironie könnte schneidender nicht sein.
Manea ist kein Erzähler des Holocaust, sondern ein Überlebender, dessen Literatur das Lebensgefühl des unaussprech-baren Leidens kennzeichnet. Es geht ihm nicht um sein persönliches Schicksal; er versucht aber, das Wesentliche seiner Erfahrungen in literarische Formen umzusetzen, um sie zu generalisieren. Nie ist in seinen Erzählungen vom Lager, von Juden oder Nationalsozialisten die Rede. Und wenn er spricht, dann meist nur von «what happened».


Warum er erst mit fünfzig Jahren Rumänien verlassen hat, vermöchte vielleicht ein Psychoanalytiker zu erklären, gab er auf diese immer wiederkehrende Frage einmal zur Antwort. Weder hat er gehen noch im Westen bleiben wollen. Jedenfalls kehrte er 1986 von seinem einjährigen Stipendium des Berliner Künstlerprogramms (DAAD) in Westberlin nicht zurück. Und obschon er sich davor scheute, reiste er als Fulbright-Stipendiat weiter nach Washington. Das war kein Wunsch, der da erfüllt wurde. Vielmehr bot sich das Stipendium als einzige Lösung an. Er wäre lieber in Deutschland oder Frankreich geblieben. Die ersten drei Jahre in den USA habe er in einem Hotel gewohnt. Mit seinem ironischen Lächeln scheint er zu fragen, ob ich versthen kann, was das bedeutet. Mittlerweile haben er und seine Frau eine Wohnung bezogen, und die Furcht vor Amerika hat sich gelegt: «In New York sieht man es in den Gesichtern der Menschen: Alle sind von irgendwoher gekom-men, ich sehe, dass ich damit nicht allein bin.»


Autorin:

Nina Toepfer


Literatur:

Norman Manea:
Die Rückkehr des Hooligan – Ein Selbstporträt
Aus dem Rumänischen von Georg Aescht

Hanser-Verlag, München, 2004, ISBN: 3-446-20462-8


Links (deutsch):

http://www.sandammeer.at/streifzuge/manea-briefumschlag.htm

http://users.ox.ac.uk/~sjoh0748/Manea%20Nachwehen.htm

http://www.nzz.ch/2001/05/19/li/page-article71OLA.html

http://www.film.de/moviecontent.php/id/1054

http://www.hagalil.com/archiv/2004/04/rumaenien.htm

http://www.zelluloid.de/filme/index.php3?id=4752

http://www.filmz.de/film_2004/dieses_jahr_in_czernowitz

http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/1289645.html

http://www.ebund.ch/artikel_13133.html

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=50266&IDC=4

http://www.welt.de/data/2004/03/23/254808.html

http://www.siebenbuerger.de/sbz/sbz/news/1033891389,68683,.html

 

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