Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Maroufi, Abbas

H.A.M. 0

Abbas Maroufi
Lehrer und Schriftsteller


Geb. 1957 in Teheran/ Iran


„Kann der gordische Knoten Irans auf kulturellem Wege gelöst werden? Dies würde bedeuten, dass die Verantwortlichen der Zensurbehörde und die übrigen staatlichen Kulturwächter und Verhörbeamten zu ihrem ursprünglichen Gewerbe, der Matratzennäherei, zurückkehren würden. Es würde voraussetzen, dass sich die Presse durch die kritische Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Regierung entfalten könnte. Es würde bedeuten, dass man einen Showmaster nicht mit einem Beil zerstückelt, Redaktionen nicht angreift und Gesetze befolgt. Man müsste davon absehen, Dichter zu erwürgen. Ich behaupte, das ist unvorstellbar. Unvorstellbar, dass die islamische Regierung eine andere Meinung außer ihrer eigenen Ideologie duldet.“

(Abbas Maroufi)*


Nach der Grundschule muß Abbas Maroufi seine schulische Weiterbildung auf den Abend verlegen, weil er tagsüber seinen Lebensunterhalt verdienen muß. Das Ende seiner Militärzeit – in der Maroufi bereits in seiner Freizeit mit dem Schreiben beginnt – fällt mit der Revolution 1979 zusammen. Sein Studium der Dramatischen Literatur an der Universität Teheran muß er mit der revolutionsbedingten Schließung der Hochschule von 1980 bis 1982 unterbrechen. In den folgenden Jahren arbeitet Abbas Maroufi zunächst als Lehrer für persische Grammatik in der Erwachsenenbildung und wechselt später in die Musikabteilung der Stadthalle von Teheran.


Da in Folge der Revolution Unterhaltungsmusik im weitesten Sinne verboten ist, ist Maroufis Arbeit nun von besonderer Brisanz. 1990 gibt er diese Tätigkeit auf und gründet die Zeitschrift Gardun (Himmelsgewölbe), die er als verantwortlicher Herausgeber leitet, bis er im Januar vom Gericht für Presseangelegenheiten wegen „Beleidigung“ der islamischen Grundwerte zu sechs Monaten Gefängnis, zwanzig Peitschenhieben und zweijährigem Publikationsverbot verurteilt wird.


Ausschlaggebend für die Härte dieses Urteils sind nicht zuletzt Beiträge verschiedener Autoren in Maroufis Zeitung, die nach Auffassung des Mullah-Regimes Schmähungen der religiösen Werte und des Revolutionsführers enthalten.


„In der Zeitschrift Gardun war einmal ein Beitrag abgedruckt worden, in dem gschireben war: „Warum sind die Iraner nicht fröhlich?“ Als Gardun zum ersten Mal verboten wurde, galt dieser Text als eine der ausschlaggebenen Verfehlungen ihres Herausgebers Abbas Maroufi, der inzwischen seit einigen Jahren in Berlin lebt. Die Anschuldigungen betrafen noch mehrere Artikel der Zeitschrift. Unter anderem einen Beitrag von mir, in dem ich fragte: „Wie waren die Achtzigerjahre?“ Darin hieß es: „Wie kann ich glauben, daß ich ein freier Mensch bin und nicht zu Zeiten der Sklavenhaltung lebe, während das Leben und der Tod von Millionen Menschen von der Entscheidung einer einzigen Person abhängen?“

Das zweite Mal, als Gardun verboten und ihr Herausgeber verurteilt wurde, bildeten Gedichte und Geschichten von Houshang Golshiri und Simin Behbahani den Stein des Anstoßes. Auch der Abdruck eines Gedichts von mir mit dem Titel „Republik des Winters“ war beanstandetet worden. Dieses lange Gedicht war ein Liebesgedicht in Form eines Gasels, das unter Anspielung auf den Mythos von Satan und die durch seine Rebellion erfolgte Verbannung die Isolierung und die Einsamkeit des Menschen assoziierte.“

(Die iranische Schriftstellerin Fereshteh Sari: Reformen im Land der Katze? in: Berliner Zeitung v. 01.04.2004, http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/ 2004/0401/feuilleton/0001)


Auf Grund internationaler Proteste wird das Urteil vorerst nicht vollzogen, jedoch der Zeitschrift Gardun die Lizenz entzogen. Abbas Maroufi kann nach Intervention offizieller Stellen sowie des deutschen PEN, unter Fürsprache von Literaturnobelpreisträger Günter Grass, 1996 den Iran verlassen und geht ins bundesdeutsche Exil.


Mit seiner Frau, der Malerin Akram Abooee, und den drei Töchtern lebt Maroufi in Berlin, wo er seitdem die Buchhandlung Hedayat führt. Die von ihm für einige Zeit auch in Deutschland noch weiter herausgegebene Zeitschrift Gardun muß ihr Erscheinen aus finanziellen Gründen allerdings bald darauf einstellen.


Das gegen Abbas Maroufi ergangene Urteil ist bis heute nicht aufgehoben worden. Allerdings dürfen einige seiner Werke, die bislang nur in Exilverlagen erscheinen konnten, neu aufgelegt und veröffentlicht werden.

Quelle: http://www.suhrkamp.de/autoren2/maroufi/maroufi_biblio.htm


Literatur: 

Abbas Maroufi: Im Jahr des Aufruhrs – Geschichte einer Liebe
(Sal-e balwa) Roman. Aus dem Persischen von Anneliese Ghahraman-Beck, Insel-Verlag, Frankfurt/ Main 2005, ISBN 3-458-17238-6

ders.: Die dunkle Seite. Roman.
Aus dem Persischen von Anneliese Ghahraman-Beck.
Insel-Verlag, Frankfurt/ Main 1998, ISBN 3-458-16903-2

ders.: Symphonie der Toten. Roman.
Aus dem Persischen von Anneliese Ghahraman
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1998
ISBN 3-458-16795-1


Quelle:

*) zitiert aus: Abbas Maroufi: Politik als Strafe Gottes,
in: Die Zeit (8/2005), http://zeus.zeit.de/text/2005/08/Iran


Links (deutsch):

http://www.suhrkamp.de/buecher/hp_2005_1/17238.htm

http://www.perlentaucher.de/autoren/17214.html

http://www.jungewelt.de/2005/05-17/025.php

http://www.democracyforiran.de/Weshalb%20habt%20ihr%20nicht%20gekaempft%20-%20Democracy%20For%20IRAN.htm

http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/08/03a.htm

http://maroufi.malakut.org/de

http://www.abbasmaroufi.com/hedayat.htm

http://www.lpb.bwue.de/theaterfestival/fremd.htm


International:

http://www.complete-review.com/reviews/iran/maroufi.htm

http://www.culturebase.net/artist.php?3174

Die Kommentare sind deaktiviert.