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Mayer, Hans

H.A.M. 0

Hans Mayer
Literaturwissenschaftler, Jurist und Sozialforscher

Geb. 19.3. 1907 in Köln
Gest. 19. 3. 2001 in Tübingen


„Für Brechts Mitarbeiter hielt er Vorlesungen, mit Thomas Mann erarbeitete er die große Ausgabe letzter Hand, Uwe Johnson vermittelte er an Peter Suhrkamp, Ingeborg Bachmann und Günter Grass, Anna Seghers und Peter Hacks lasen in „seinem“ Hörsaal 40, dem in Ungnade gefallenen Heiner Müller bot er seine Unterstützung an und der Frau des inhaftierten Erich Loest überwies er jahrlang Geld zum Überleben – Hans Mayer war alles andere als stiller Betrachter und Chronist seiner Zeit.“ *)


Seine Mutter führte im rheinischen Köln einen literarischen Salon, der zum Anlauf- und Treffpunkt für meist arme Künstler wurde. Später erzählte Hans Mayer gern, wie er dort als kleiner Junge bei diversen Anlässen unter anderem auch der Dichterin Else Lasker-Schüler die Tür geöffnet hatte.

Der jüdische Großbürgersohn, von den Schriften Georg Lukác und des frühen Karl Marx beeinflusst, studierte Rechts- und Sozialwissenschaften, Geschichte und Philosophie in seiner Heimatstadt sowie in Bonn und Berlin. Die Krise der deutschen Staatslehre lautete der Titel seiner Doktorarbeit. Das war im Jahr 1930, in dem er Mitglied der SPD wurde und für die Zeitschrift Der rote Kämpfer schrieb.


Bereits nach einem Jahr wechselte Mayer die Partei und schloß sich der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands ein. Diese – zugegeben recht einseitige Zuneigung – endete allerdings bereits wieder nach einem Jahr, als ihn die SAPD wegen seiner Sympathie für die KPDO (wobei das O im Parteinamen für Opposition steht) ausschloß.


Der Jude und Marxist Hans Mayer wurde gleich zu Beginn der Nazi-Diktatur mit Berufsverbot belegt und flüchtete über Frankreich – wo er kurze Zeit Chefredakteur elsässischen KPDO-Tageszeitung ;Neue Welt war -, in die Schweiz.

In Genf wurde Hans Mayer Mitglied des Collège de Sociologie, arbeitete sozialwissenschaftlich und hielt Vorträge über die politischen Geheimbünde in der Deutschen Romantik: seiner Meinung nach eine Vorwegnahme der Nazisymbolik.


Bereits kurz nach der Befreiung kehrte Hans Mayer als einer der ersten Exilanten wieder nach Deutschland zurück. Noch 1945 wurde er zunächst Kulturredakteur der DENA, aus der später die Deutsche Presseagentur hervorging, und anschließend politischer Chefredakteur von Radio Frankfurt, dem Verläufer des Hessischen Rundfunks.

In Westdeutschland wurden Nazi-Gegner wie -Opfer von den Alliierten auf entscheidende Posten berufen, denn: in Zeiten von Restauration und Kaltem Krieg glaubte man auf jene Fachleute angewiesen zu sein, die als Parteimitglieder der NSDAP oder als Nutzniesser des faschistischen Systems belastet waren.

Die damalige Sowjetischen Besatzungszone hingegen definierten die aus dem Exil zur ckgekehrten Kommunisten als ihr „besseres Deutschland“. Zahlreiche Linke, darunter Stephan Hermlin, Karl Eduard von Schnitzler und Hans Mayer gingen deshalb in die spätere DDR. Mayer erhielt einen Lehrstuhl für Literaturwissenschaft in Leipzig und konnte privilegiert unbehelligt von Ost nach West reisen, wo ihn u.a. die Literaten-Gruppe 47 willkommen hieß.


Hans Mayer, der Wanderer zwischen den linken Parteien zu Zeiten der Weimarer Republik, ließ sich allerdings auch in der DDR nicht für die SED vereinnahmen. Geprägt von tiefem Humanismus, verteidigte er vielmehr sogenannte „dekadente Autoren“ gegen die herrschende Parteimeinung. Seine Vorlesungen waren bei den Studenten äußerst beliebt, nicht zuletzt wegen Mayers offen geäußerten Sympathien für unbequeme Außenseiter-Autoren wie Franz Kafka, Marcel Proust, James Joyce und nicht zuletzt eben Uwe Johnson.


Mayers Haltung führte schließlich unausweichlich zu Auseinandersetzungen mit den Kulturfunktionären und schließlich 1963 zum Bruch mit dem herrschenden System. Von einem Verlagsbesuch in Tübingen kehrte der brillante Literaturkenne 1963 nicht mehr in die DDR zurück und übernahm zwei Jahre später einen extra für ihn eingerichteten Lehrstuhl für deutsche Literatur an der Universität Hannover, den er bis zu seiner Emeritierung 1973 innehatte.


Autor:

Hajo Jahn


Quelle (*) siehe dazu: Verlagstext auf der website http://www.lehmstedt.de/mayer.htm


Literatur:

Hans Mayer: Ein Deutscher auf Widerruf, Erinnerungen, Bd.1

ders.: Ein Deutscher auf Widerruf
Erinnerungen, Bd.2

Mark Lehmstedt (Hrsg.): Der Fall Hans Mayer: Dokumente 1956-1963,
Lehmstedt Verlag, Leipzig 2006,
ISBN 978-3-937146-25-6


Links (deutsch):

http://www.zeit.de/archiv/1982/11/Zt19820312_041_0073_F

http://www.luise-berlin.de/lesezei/Blz97_01/text29.htm

http://www.hagalil.org/hagalil/archiv/2001/05/hans_mayer.htm

volume_up.gifhttp://www.inforadio.de/static/dyn2sta_article/178/175178_article.shtml

volume_up.gifhttp://www.mdr.de/mdr-figaro/4228713.html

volume_up.gifhttp://www.mdr.de/mdr-figaro/4227494.html

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=106804&IDC=4

http://www.lehmstedt.de/rezensionen/rez_mayer_der%20fall_ue.htm

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