Boris (Leonidovich) Pasternak
Schriftsteller
Geb. 10.2.1890 in Moskau/ Russland
Gest. 30.5.1960 in Peredelkino bei Moskau/ UdSSR
„Bin das Wild in einer Treibjagd.
Wo sind Menschen, Freiheit, Licht?
Hinter mir der Lärm der Treiber –
Einen Ausweg gibt es nicht.
Dunkler Wald und Uferdickicht,
Umgestürztes Tannenholz.
Alle Pfade: abgeschnitten.
Komme jetzt, was kommen soll…
Welcher Art war die Gemeinheit?
War’s ein Mord, den ich vollbracht?
Hab mein Land in Tränenschönheit
In der Welt bekannt gemacht!
Sterb‘ ich auch im Flug der Steine,
Weiß ich doch, es kommt die Zeit:
Über’s Böse und Gemeine
Siegt der Geist des Guten einst.“
(Boris Pasternak: Der Nobelpreis, 1959)
„Wer die Wahrheit liebt und sie sucht, der gehört in
keine Marschkolonne, wohin der Marsch auch gehen
mag.“
In Moskau als Sohn jüdischer Eltern geboren, wächst Boris Pasternak in einem intellektuellen und künstlerischen Milieu auf. Sein Vater Leonid ist Künstler und Professor an der Moskauer Schule für Malerei, seine Mutter die bekannte Pianistin Rosa Kaufmann. Unter den Freunden und Bekannten, die Pasternak bereits in jungen Jahren zu Hause kennenlernt, sind Musiker, Künstler, Schriftsteller – einer davon Lew Tolstoi, dessen Bücher sein Vater Leonid illustriert hat. Als er als Dreizehnjähriger den russischen Komponisten Skrjabin kennenlernt, träumt er von einer beruflichen Zukunft als Pianist und Komponist und beschäftigt sich ausdauernd mit dem Klavierspiel, Musiktheorie und Komposition.
Nach Abschluss des Moskauer deutschen Gymnasiums 1908 studiert der junge Pasternak zuerst in Moskau Philosophie. Ein Auslandssemester im Sommer 1912 an der Marburger Philipps-Universität sowie Reisen in die Schweiz und nach Italien lassen in ihm jedoch den Entschluss reifen, sich der Poesie zuzuwenden.
In dieser Zeit schreibt Boris Pasternak seine ersten, vom Symbolismus und Futurismus beeinflussten Gedichte, die 1913 im Almanach „Lirika“ erscheinen. 1914 veröffentlicht er seine erste Gedichtsammlung in dem Buch „Zwilling in Wolken“, gefolgt vom 1917 erscheinenden Über die Barrieren. Seit 1914 ist er zudem Mitglied der symbolistischen Dichtergruppe „Zentrifuge“.
Während des Ersten Weltkrieges arbeitet und lehrt Pasternak er in einer Chemiefabrik im Ural, da er wegen einer Beinverletzung nicht zum Kriegsdienst eingezogen werden konnte. Obwohl von der Brutalität der neuen Regierung schockiert, unterstützt er die Revolution. Seine Eltern und Geschwister wandern 1921, als Auslandsreisen erlaubt sind, nach Deutschland aus. Nach dem Krieg ist Boris Pasternak vorwiegend als Bibliothekar tätig und schreibt u.a. „Leutnant Schmidt“, „Meine Schwester, das Leben“ (1922) sowie „Das Jahr 1905“
1922 heiratete Pasternak Ewgenija Wladimirowna Lourie, mit der er einen gemeinsamen Sohn hat. Die Ehe wird 1931 geschieden.
Die Poesie bleibt Pasternaks Leidenschaft und macht ihn zu einem der bedeutendsten Dichter der russischen Moderne. Seine Gedichte entwicken sich weg von den symbolistischen Einflüssen, hin zu philosophischen Ansätzen und Verarbeitung der Revolution. In den dreißiger Jahren passten seine Werke allerdings nicht in die Rahmenbedingungen des sozialistischen Realismus. Pasternak arbeitet im „Brotberuf“ als Übersetzer aus dem Französischen, Englischen und Deutschen. Berühmt sind seine Übertragungen von Goethes Faust und Shakespeare’scher Tragödien, außerdem übersetzt er Werke von Rilke, Kleist und einigen englischen Schriftstellern.
1934 heiratet er in zweiter Ehe Sinaida Nikolajewna Neuhaus und die Familie zieht Mitte der dreissiger Jahre in die Künstlerkolonie Peredelkino bei Moskau.
Bei Kriegsausbruch 1941 meldet sich Boris Pasternak freiwillig an die Front, wird jedoch zunächst nach Tschistopol evakuiert und erst 1943 mit einer „Schriftstellerbrigade“ in den Krieg geschickt. Seine Kriegserlebnisse verarbeitet er in den Gedichten des Sammelbands „In den Frühzügen“ (1943) und „In Irdische Weite“.
Nach dem Krieg widmet sich Pasternak ausführlich der Arbeit an seinem ersten und einzigen Roman: „Doktor Schiwago“, angesiedelt im zeitlichen Umfeld der russischen Revolution 1917, beschreibt die Konflikte, in die ein Intellektueller (Schiwago) gerät und seine geistigen und religiösen Überzeugungen mit der revolutionären Bewegung und der sozialistischen Realität. Als Vorbild für Lara, die weibliche Hauptfigur des Romans, soll dabei Pasternaks langjährige Geliebte Olga Iwinskaja gedient haben.
„Doktor Schiwago“ darf in der UdSSR nicht erscheinen und Pasternak übergibt das Manuskript daraufhin 1956 in Berlin dem italienischen Verleger Giangiacomo Feltrinelli, der den Roman – gegen den Widerstand der Sowjetunion sowie der KPI, der Feltrinelli noch angehört – verlegt, das Buch gegen die Instrumentalisierung im Kalten Krieg verteidigt und es zum ersten Weltbestseller macht. Bereits zwei Jahre nach seiner Veröffentlichung ist Pasternaks Roman weltweit in 18 Sprachen übersetzt. In der Sowjetunion kann „Doktor Schiwago“ erst 1987 unter Gorbatschow publiziert werden, nach der offiziellen Rehabilitierung Pasternaks. Der gleichnamige Film mit Omar Sharif und Julie Christie (Regie: David Lean, 1965) gewinnt 1966 fünf Oscars und wird zum internationalen Kinoerfolg.
Als Pasternak 1958 der Nobelpreis für Literatur „für seine bedeutende Leistung sowohl in der zeitgenössischen Lyrik als auch auf dem Gebiet der großen russischen Erzähltradition“ verliehen werden soll, nimmt er ihn zwar zunächst an, lehnte aber später auf Druck der sowjetischen Obrigkeit ab. Dennoch wird er in der Folge aus dem sowjetischen Schriftstellerverband ausgeschlossen.
Voller Pläne und Ideen für weitere Gedichte und einen Roman stirbt Boris Pasternak am 30. Mai 1960 an Lungenkrebs in Peredelkino. In einer besonderen Zeremonie nimmt sein Sohn den von Pasternak abgelehnten Nobelpreis 1989 in Stockholm stellvertretend für seinen Vater entgegen.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Pasternak
Literatur:
Boris Pasternak:
“ Die Geschichte einer Kontra-Oktave“
deutsch von Heddy Pross-Weerth
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1998
ders.:
„Initialen der Leidenschaft“ Gedichte
deutsch von Günter Deicke, Johannes Bobrowski
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1990
ders.: Doktor Shiwago
Aufbau-Verlag, Berlin 2003
“ Doktor Schiwago“
ders.: „Doktor Schiwago“
DHV Der Hörverlag 2001
4 Audio-CDs
ISBN: 389 584 5450
ders.: „Eine Brücke aus Papier“
Die Familienkorrespondenz 1921-1960
Briefe. S. Fischer Verlag Frankfurt/ Main
ISBN: 3-100-60516-0
ders.: „Geleitbrief“
Entwurf zu einem Selbstbildnis
S. Fischer Verlag Frankfurt/ Main
ISBN 3-10-060506-3
ders.:
Briefwechsel 1910-1954
S. Fischer Verlag Frankfurt/ Main
ISBN 3-10-060507-1
György Dalos: (ACHTUNG: verlinken!!!)
„Olga, Pasternaks letzte Liebe“
Europäische Verlangsanstalt (eva) 1999
ISBN: 3434 504230
Links (deutsch):
http://www.avantart.com/russ/peredelkino/1.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Pasternak
http://www.onlinekunst.de/februar/10_02_Pasternak_Boris.htm
http://home.arcor.de/berick/illeguan/paster.htm
http://www.br-online.de/kultur/literatur/lesezeichen/russen/pasternak.html
http://www.berliner-lesezeichen.de/lesezei/Blz00_01/text37.htm
http://www.mdr.de/doku/928495.html
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/30/0,1872,2095966,00.html
International:
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