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Regler, Gustav

H.A.M. 0

Gustav Regler
Schriftsteller


Geb. 25.5. 1898 in Merzig (Saarland)
Gest. 14. 1. 1963 New Delhi/ Indien


Picture of Gustav Regler taken by his wife Marie-LouiseBereits seit November 1934 stand Gustav Regler auf der Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches als Staatsfeind Nr.19. Sein Leben verlief spannend wie ein Roman. Er kämpfte gegen den Anschluss des Saarlandes an Deutschland und im Spanischen Bürgerkrieg. Der einst glühende Kommunist wurde von den eigenen Genossen angefeindet, nachdem ihm die Augen geöffnet wurden wie später Jean Paul Satre.


Der Schriftsteller und Widerstandskämpfer Gustav Regler entstammte einer saarländischen Buchhändlerfamilie. Er besuchte in Dillingen das Gymnasium und erhielt bereits als 18jähriger den Preis Jugendliteraturpreis der Dillinger Hütte. Seine Erfahrungen als Soldat im Ersten Weltkrieg und der Rat seines Universitätslehrers Alfred Weber brachten Regler dazu, sich 1918 dem sogenannten Regiment Reichstag zur Verteidigung der gerade gegründeten deutschen Republik anzuschließen. In München sympathisierte er mit der Räterepublik.


Im Anschluß an sein Studium in Heidelberg und München promovierte Gustav Regler 1923 zum Dr. phil. und war zeitweise als Lehrer und Journalist tätig (u. a. für das Berliner Tagblatt und die Nürnberg-Fürther Morgenpresse). Er heiratete die Tochter eines Leipziger Unternehmers, in dessen Konzern er bis zur Scheidung 1926 arbeitete. In dieser Zeit begann er, literarisch zu arbeiten. 1928 ging Regler eine neue Ehe mit Marieluise Vogeler ein, der Tochter des Worpsweder Malers und utopistischen Kommunisten Heinrich Vogeler. Sie übersiedelten 1929 nach Berlin und lebten in einem von linken Künstlern bevorzugten Bezirk des Roten Blocks am Laubenheimer Platz. In dieser Zeit trat der vom Kommunismus überzeugte Regler in die KPD ein, deren wechselnde Leitlinien er damals nicht kritisch hinterfragte.


Antifaschistisches Engagement

Nach dem Brand des Reichstages (27. Februar 1933) verließ Regler Berlin, versteckte sich zunächst in Worpswede, wo er jedoch denunziert wurde, und ging Anfang März 1933 ins Saargebiet zurück. Er reiste weiter nach Frankreich, kehrte aber einem NS-Spitzelbericht zufolge am 13. März 1933 aus Aix-en-Provence kommend nach Merzig zurück. Er setzte sich als Agitator der saarländischen KP im Abstimmungskampf an der Saar (1933-1935) für die Beibehaltung des Status Quo ein, um die Rückgliederung des damaligen Saargebietes an Hitlerdeutschland verhindern zu helfen. Aufgrund dieser prägenden Erfahrung betrachtete Regler auch in seinem späteren Leben antifaschistisches Engagement als selbstverständliche Aufgabe.


Abstimmungskampf an der Saar: Im Kreuzfeuer

Seinen Hauptbeitrag zum Abstimmungskampf, den Roman Im Kreuzfeuer, schrieb Regler in den Monaten, in denen er noch im Land lebte, und in der ersten Zeit seines französischen Exils ab 1934. In dem Agitations- und Heimatroman, der im gleichen Jahr in Paris veröffentlicht wurde, entwarf Regler ein Bild von der aufgeheizten politischen Atmosphäre an der Saar, schilderte auch den zunehmenden psychischen Druck, unter den die NSDAP und die NS-gesteuerte Deutsche Front die saarländischen Hitlergegner setzten. Nur allmählich löste sich die Saar-KP aus der isolierten Position eines Kampfes gegen Hitler und zugleich gegen die als „Sozialfaschisten“ bezeichneten Sozialdemokraten. Der Roman, der diese langjährige Strategie der kommunistischen Partei unterstützte, wurde in der ersten Jahreshälfte 1934 durch die politische Entwicklung überholt. Entsprechend dem Drängen der eigenen Parteibasis und der weltweiten Kehrtwendung der kommunistischen Parteien schlossen sich am 2. Juli 1934 die SL (Sozialdemokratische Landespartei des Saargebietes) und die Saar-KP nach langem Zögern zur Einheitsfront gegen Hitler zusammen.


Exil, Bürgerkrieg, Internierung, Exil:
Von Frankreich nach Spanien und Mexiko

Gustav Regler wurde 1. November 1934 vom NS-Regime ausgebürgert, wie so viele andere NS-Gegner. Sein Buch Die Saat (Amsterdam 1936) wurde in den Niederlanden als beste antifaschistische Novelle ausgezeichnet. Nach General Francos Putsch gegen die gewählte republikanische Regierung Spaniens kämpfte Regler im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) in der 12. Internationalen Brigade auf Seiten der Republik. Als Verwundeter kehrte er nach Frankreich zurück, wo er zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im südfranzösischen Lager Le Vernet interniert wurde und in der Auseinandersetzung mit Parteigenossen am Kommunismus zu zweifeln begann. Unter dem Eindruck des Hitler-Stalin-Pakts trat er 1939 aus der KP aus. Gustav und Marieluise Regler verließen 1940 Frankreich. In Mexiko lebten sie zeitweise als Bauern im Indiodorf Tepotzlan; Marieluise Regler starb dort 1945.


Gustav-Regler-Gedenkstein in MerzigReglers erstes in Mexiko verfaßtes Buch Amimitl oder Die Geburt des Schrecklichen (1947) – eine Novelle über den Machtwahn – wurde im Saarland auf Anordnung des damaligen saarländischen Kultusministers nicht an die Buchhandlungen ausgeliefert, obwohl die französische Militärregierung den Druck in Saarbrücken genehmigt hatte. Zusammen mit dem im gleichen Jahr in Saarbrücken veröffentlichten Werk Vulkanisches Land, Ein Buch von vielen Festen und noch mehr Widersprüchen, waren dies Reglers einzige deutsche Erstausgaben, die im Saarland erschienen. Zu kurzen privaten Besuchen ins Saarland kehrte Regler später immer wieder zurück.

In der Büchergilde Gutenberg erschien 1948 die deutsche Ausgabe von Die Saat. Regler lebte in den 1950er Jahren wieder für einige Zeit in Worpswede. Er verließ die Bundesrepublik aber wegen seiner antifaschistischen Überzeugung bald wieder und ging zurück nach Mexiko, von wo aus er mit seiner dritten Ehefrau, der Amerikanerin Peggy Paul, zahlreiche Reisen unternahm.


Anerkennung in der Welt – Distanz in Deutschland

Gustav Regler ist einer der wenigen saarländischen Autoren, die internationale Geltung errangen, sowohl bei Schriftstellern wie André Malraux, Ilja Ehrenburg und Ernest Hemingway, die zu seinen Freunden zählten, als auch beim Publikum. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und erschienen in vielen Auflagen. Zu den bekanntesten zählt seine Autobiographie Das Ohr des Malchus von 1958. Der internationalen Anerkennung stand in der BRD und der DDR ein jeweils zwiespältiges Verhältnis zu Regler gegenüber. Im Westen wurde er wegen seiner Zeit als Kommunist und seiner antifaschistischen Grundhaltung abgelehnt, dagegen sahen die offizielle DDR wie auch viele einstige Weggefährten ihn als Renegaten und Verräter an, wenn überhaupt von ihm gesprochen wurde.


Im öffentlichen Leben des Saarlandes fand man rund zehn Jahre früher als im übrigen Bundesgebiet zu einer differenzierenden Wertung von Reglers Werk: 1960 erhielt er den erstmals vergebenen Kunstpreis des Saarlandes. Nach seinem Tod 1963 auf einer Studienreise in Indien wurde seine Urne in Merzig im Grab der Eltern beigesetzt. Die Stadt Merzig tat sich noch zwei Jahrzehnte lang schwer mit ihrem berühmten Sohn, der zum Weltbürger geworden und erst als Toter zurückgekehrt war: Die Beratung und Diskussion darüber, ob und wie man ihn ehren solle, dauerte rund sechs Jahre, ein Indiz dafür, wie sehr Regler auch in der eigenen Heimatstadt noch immer umstritten war. Im übrigen Bundesgebiet markieren die 1970er Jahre die Wende in der Regler-Rezeption. Eine Fernsehdokumentation von Georg Bense und Günther Halkenhäuser unter dem Titel Merzig, Moskau, Mexiko wurde 1972 vom Saarländischen Rundfunk ausgestrahlt. Seit 1975 existiert in Saarbrücken eine Arbeitsstelle für Gustav-Regler-Forschung an der Universität des Saarlandes. Von hier aus wird seither die Edition einer Regler-Gesamtausgabe betreut und sukzessive veröffentlicht. Seither gab es und gibt es immer wieder Ehrungen und Gedenkveranstaltungen im Saarland. 1983 wurde aus Anlaß seines 20. Todestages und des 50. Jahrestages der Bücherverbrennung von 1933 in mehreren saarländischen Städten eine Veranstaltungsreihe mit Lesungen etc. durchgeführt. Die Stadt Merzig stellte 1984 den Gedenkstein auf. Beim 17. Filmfestival Max-Ophüls-Preis 1996 in Saarbrücken lief als Eröffnungsfilm der Spielfilm Brennendes Herz – Tagebuch einer Flucht (BRD 1995, Regie: Peter Patzak) mit Helmut Griem in der Rolle von Gustav Regler. Anläßlich des Neubaues am Saarbrücker Rathaus und der Gestaltung des neuen sogenannten Rathaus-Carrées wurde 1998 an der Betzenstraße der Gustav-Regler-Platz eingeweiht.


Autorin:

Gerhild Krebs


Literatur:

Alfred Diwersy: Gustav Regler –
Bilder und Dokumente, Saarbrücken 1983

ders.: Steine an der Grenze. Die Skulpturenlandschaft
des Saargaues, Blieskastel 1996, S. 192-197

Gustav Regler: Im Kreuzfeuer, Paris 1934/
Hildesheim 1978/Frankfurt 1986 (Verboten und
verbrannt – Bücher aus dem Exil, Bd. 5181)

ders.: Das Ohr des Malchus, Köln 1958

Gerhard Schmidt-Henkel: Gustav Regler,
in: Saarländische Lebensbilder, Saarbrücken 1982,
Bd.1, S. 183-209

Ralph Schock: Gustav Regler – Literatur und Politik
(1933-1940), Frankfurt a. M. 1984

Günter Scholdt: Gustav Regler – Odysseus im
Labyrinth der Ideologien, eine Biographie in
Dokumenten, St. Ingbert 1998
(Schriften der saarländischen Universitäts- und
Landesbibliothek, Bd.4, hrsg. von Bernd Hagenau).

ders.(Hg.): Gustav Regler 1898-1963. Saarländer
– Weltbürger, Katalog zur Ausstellung, Lebach 1988

Verband Deutscher Schriftsteller (VS), Landesverband
Saar (Hrsg.): Begegnungen mit Gustav Regler, Saarbrücken 1978.


Links (deutsch):

http://www.kuenstlerkolonie-berlin.de/bewohner/regler.htm

http://www.regler.name

http://www.memotransfront.uni-saarland.de/htm/3×16.htm

http://www.merzig.de/frameset.phtml?NavID=334.97

http://www.sulb.uni-saarland.de/fachinfo/litarchiv/projekte/regler/reglerbibl.htm

http://www.berliner-lesezeichen.de/lesezei/blz99_11/text61.htm

http://www.mexiko-mexico.de/literat/regler.htm

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118599011

http://www.antiquario.de/a_autoren/r/Regler_Gustav.html

http://www.zeit.de/archiv/1996/29/spanien.txt.19960712.xml

 

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