Alice Salomon
Sozialpädagogin, Volkswirtschaftlerin und Sozialpolitikerin
Geb. 19.4. 1872 in Berlin
Gest. 30.8. 1948 New York/ USA
„Die Fabrikinspektoren wissen, daß die Kinderarbeit einer der Faktoren ist, mit denen die Industriefürsten bei Aufstellung der Produktionskosten rechnen, daß die Anstellung von Kindern trotz aller Maßregeln zur Unterdrückung derselben zunimmt. Um der Kinderarbeit willen entstehen breite Straßen; Fabrikpaläste werden mit verbesserten Maschinen ausgestattet, die nur eine Entfaltung des höchsten Genies zu schaffen imstande ist, und die Zahl der arbeitslosen Erwachsenen wächst in geometrischem Verhältnis zu der Zahl der zauberkräftigen Maschinen, die von Kinderhand bedient werden können!“
(Alice Salomon, Kinderarbeit in Fabriken, in: Die Frau, 7. Jg., Nr. 1, Okt. 1899, S. 11-19)
Alice Salomon gehört der emanzipierten und assimilierten jüdischen Mittelschicht an. Dieser Hintergrund wird sie prägen, wiewohl Alice Salomon 1914 zum Protestantismus konvertiert und Elemente der protestantischen Sozialethik eine wichtige Grundlage ihres Werkes bilden.
Von 1902 bis 1906 studiert sie als Gasthörerin an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie, obgleich sie kein Abitur und lediglich neun Jahre Schulbesuch – wie zur damaligen Zeit für Mädchen üblich – vorweisen kann. Das Studium an der Universität wird der jungen Alice Salomon jedoch durch die Anerkennung ihrer Publikationen ermöglicht, darunter zwei umfangreiche Artikel in dem von Helene Lange und Gertrud Bäumer 1901 herausgegebenen Handbuch der deutschen Frauenbewegung. 1906 promoviert Alice Salomon mit einer Arbeit über Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit.
Seit 1893 engagierte sich Salomon in der sozialen Frauenarbeit und der Frauenbewegung, arbeitet u.a. in einem Mädchenhort und Arbeiterinnenheim und wird 1899 Vorsitzende des Vereins der Mädchen- und Frauengruppen für Soziale Hilfsarbeit. Im Jahre 1900 übernimmt sie im Bund Deutscher Frauenvereine Vorstandsfunktionen, ab 1909 auch in der internationalen Frauenbewegung im International Council of Women, deren Vizepräsidentin sie ab 1920 ist.
Der zweite Schwerpunkt von Alice Salomons Wirken besteht in der Frauen- und sozialen Bildungsarbeit. Sie eröffnet 1899 den ersten Jahreskurs der Mädchen- und Frauengruppen für Soziale Hilfsarbeit – mit dem in Deutschland der Grundstein für die systematische Ausbildung zur sozialen Arbeit gelegt wird -, gründet 1908 die Soziale Frauenschule in Berlin, 1925 die Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit mit einer eigenen Abteilung für empirische Forschungen.
Während des Ersten Weltkrieges initiiert Alice Salomon 1916/17 die Konferenz der Sozialen Frauenschulen Deutschlands, die sie bis 1933 leitet. 1929 ist sie maßgeblich an der Gründung des Internationalen Komitees sozialer Schulen beteiligt (heute: International Association of Schools of Social Work/ IASSW), dessen Vorsitz sie über 1933 hinaus innehat. Alle Projekte haben die Zeit des Nationalsozialismus bis heute überdauert. Einzig die Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit, deren Auflösung im Mai 1933 Alice Salomon selbst veranlasst, um der drohenden Hausdurchsuchung und Liquidierung durch die Gestapo zu entgehen, wird nach 1945 nicht wieder neu gegründet.
Alice Salomon wird von den Nationalsozialisten 1933 aus sämtlichen n öffentlichen Ämtern verdrängt und im Alter von 65 Jahren im Jahre 1937 von der Gestapo zur Emigration gezwungen. Der seit dem Ersten Weltkrieg auch in der Frauenbewegung zunehmende Antisemitismus hat bereits vorher dazu geführt, Nominierungen Alice Salomons für den Vorsitz des Bundes Deutscher Frauenvereine und 1928 auch für den Vorsitz des International Council of Women zu verhindern.
Über England geht Alice Salomon in die Vereinigten Staaten, deren Staatsanbürgerschaft sie 1944 erlangt. Bereits 1939 war sie aus Deutschland ausgebürgert und ihr der Doktortitel aberkannt worden. Drei Jahre vor ihrem Tode wird sie zur Ehrenpräsidentin des Internationalen Frauenbundes und der Internationalen Vereinigung der Schulen für Sozialarbeit gewählt.
Quelle:
Alice-Salomon-Archiv der ASFH-Berlin
http://www.asfh-berlin.de/archiv/asa.html
Das Eingangszitat stammt aus:
Alice Salomon:
Frauenemanzipation und soziale Verantwortung
Ausgewählte Schriften – Band 1: 1896 – 1908
S. 17-28, Herausgegeben von Adriane Feustel
Hermann Luchterhand Verlag: Neuwied; Kriftel; Berlin,1997
ISBN 3-472-03013-5
Literatur:
Carola Kuhlmann:
Alice Salomon. Ihr Lebenswerk als Beitrag zur
Entwicklung der Theorie und Praxis sozialer Arbeit.
Deutscher Studienverlag, Weinheim 2000
ISBN 3-89271-927-6
Manfred Berger:
Alice Salomon. Pionierin der sozialen
Arbeit und der Frauenbewegung
Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 1998
ISBN 3-86099-276-7
Alice Salomon:
Charakter ist Schicksal – Lebenserinnerungen,
hrgg. von Rüdeger Baron und Rolf Landwehr,
Beltz Verlag, Weinheim und Basel, 1983
ISBN 3-407-85036-0
Links (deutsch):
http://www.dbsh.de/buch/userpages/38.html
http://sophie.byu.edu/journalists/articles/kinderarbeit.htm
http://sophie.byu.edu/journalists/articles/gleicherlohn.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Salomon
http://www.uni-trier.de/uni/krass/archiv/taeglich/006/salomon.htm
http://forge.fh-potsdam.de/~BiB/gruender/salomon.pdf
http://www.querelles-net.de/2002-6/text12-p.htm
http://www.uni-kassel.de/frau-bib/bestaende/archiv/bildarchiv-vw.html
http://www.h-net.org/reviews/showrev.cgi?path=223221106922238
http://www.kigaweb.de/grundwissen/paedagogik/konzepte_sub?onlstrnr=242&einzelbeitrag=402715
International:
http://www.britannica.com/eb/article-9065113?hook=159750
http://www.absofacts.com/geschiedenis/data/salomonalice.shtml
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