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Scharl, Josef

H.A.M. 0

Josef Scharl
Maler und Grafiker


Geb. 1896 in München
Gest. 1954 in New York/ USA


Lehre als Dekorationsmaler, besucht die Malschule in der Westenrieder Straße in München, als Kirchenrestaurator tätig, 1919-21 Studium an der Münchner Akademie der bildenden Künste, u. a. Mitglied der Münchner Neuen Sezession, ab 1929 Mitglied der „Juryfreien“ (Antisezessionisten).


1929 Zerstörung zweier Bilder durch SA, wird von der reaktionären Münchner Presse attackiert, Anfang der 1930er Jahre Reisen nach Rom, Paris, Amsterdam, seit 1935 als entartet diffamiert, Beschlagnahme seiner Werke in deutschen Museen, ein „Freundeskreis Josef Scharl“ sorgt für eine kleine monatliche Unterstützung, emigriert aus politischen und ökonomischen Gründen 1938 in die USA, seit 1940 in New York, seit 1943 bis zu seinem Tod liiert mit Marianne Blatt (später verh. Iceland), wird in den ersten und letzten Exiljahren durch seine Freunde finanziell unterstützt sowie von der (Exil-)Galerie Nierendorf in New York gefördert, ab 1953 von der Galerie St. Etienne vertreten, arbeitet in verschiedenen Medien und Techniken (Tempera, Öl, Bleistift, Tuschfeder und -pinsel, Farbkreiden, auch Holzschnitte und Monotypien), seine Illustrationen zur 1944 bei Pantheon Books erschienenen Edition von „Grimm’s Fairy Tales“ und zu einer ein Jahr später ebenda verlegten Ausgabe von Adalbert Stifters „Rock Crystal“ sind seine einzigen Erfolge, seine gesellschaftskritischen Bilder finden kaum Käufer


Arbeiten in Deutschland vor der Emigration

Sozialkritische Malerei und Graphik (Radierung und Holzschnitt), von Vincent van Gogh beeinflusster expressiver Realismus, in den 1920er Jahren erfolgreich; als sozialistischer Avantgarde-Künstler verfolgt


Im US-amerikanischen Exil

Keine stilistischen oder thematischen Brüche, vielmehr kontinuierliche Entwicklung vom expressiven Realismus mit ausgeprägt sozialkritischer Note zu einer spirituell-szientistischen Privatmythologie von eher unkritischer, dekorativ ornamentaler Expressivität, die sich zur pantheistisch kosmischen Wesensschau weitet, daneben auch realistische, ortsbezogene Sujets, vor allem aber Vertiefung und Variation früherer Motive (Frauenakte und Landschaften) und Themen (u.a. Intellektuellenkritik), die „sozial pittoresken“ Personendarstellungen der frühen Jahre (Straßenpassanten, „Mitleid“-Porträts) verschwinden allmählich, der Blick wird immer seltener auf den einzelnen Menschen und die soziale Realität fokussiert, empfindet sich als gescheitert, wird erst posthum wiederentdeckt


Weitere Kurzbiographien

Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und der Research Foundation for Jewish Immigration New York. 2 Bde. und 1 Reg.bd. München, New York, London, Paris 1980 und 1983: Bd. 2, II, S. 1023f.; Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst. Münchner Maler im 19./20. Jahrhundert in sechs Bänden, bearb. von Horst Ludwig. Bd. 6: München 1994, S. 264-266; Kurt Flemig: Karikaturisten-Lexikon. München, New Providence, London, Paris 1993, S. 246f.; Evelyn Gutbrod: Künstlerbiographien. In: Werner Haftmann: Verfemte Kunst. Bildende Künstler der inneren und äußeren Emigration in der Zeit des Nationalsozialismus, hg. von Berthold Roland. Köln 1986, S. 388-410, hier S. 407; Richard Hiepe: Gewissen und Gestaltung. Deutsche Kunst im Widerstand. Frankfurt/Main 1960, S. 60; Kritische Graphik in der Weimarer Zeit, hg. von Eberhard Kolb, E. Roters und W. Schmied. Stuttgart 1985, S. 70; Kunst im Widerstand. Malerei, Graphik, Plastik. 1922-1945, hg. von Erhard Frommhold. Dresden 1968 und Frankfurt/Main 1968, S. 569; Lexikon der Kunst. Architektur, Bildende Kunst, Angewandte Kunst, Industrieformgestaltung, Kunsttheorie. 5 Bde. Westberlin 1983 (Nachdruck der 1968 bis 1978 in der DDR erschienenen Ausgabe): Bd. IV, S. 335; Vollmer – Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten des In- und Auslandes bearb., redigiert und hg. von Hans Vollmer. 6 Bde. Leipzig 1992 (unveränd. Nachdruck der Originalausgabe Leipzig 1953-62): Bd. 4, S. 175; Vom Expressionismus zum Widerstand. Kunst in Deutschland 1909-1936. Die Sammlung Marvin und Janet Fishman, hg. von Reinhold Heller. Ausstellungskatalog Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main u.a. München 1991, S. 232f.; Wem gehört die Welt – Kunst und Gesellschaft in der Weimarer Republik. Ausstellungskatalog hg. von der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst. 4. Aufl. Berlin (West) 1977, S. 356; Widerstand statt Anpassung. Deutsche Kunst im Widerstand gegen den Faschismus 1933-1945, hg. vom Badischen Kunstverein Karlsruhe. Berlin (West) 1980, S. 275; Rainer Zimmermann: Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation. München 1994 (d. i. die überarb. Neuausgabe von: ders.: Die Kunst der verschollenen Generation. Deutsche Malerei des expressiven Realismus von 1925 bis 1975. Düsseldorf, Wien 1980), S. 438


Teilnachlässe

Erben von Dr. Marianne Blatt-Iceland, New York, Susanne Fiegel, Velden

Sammlungen

Galerie Nierendorf, Berlin, Kunsthalle Emden, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München


Werk- und Literaturauswahl

Grimm’s Fairy Tales. Complete Edition. With 212 Illustrations by Josef Scharl. Translated by Margaret Hunt, Revised etc. by James Stern. New York: Pantheon Books 1944 (1. Aufl. Okt. 1944: 7.000 Ex.; 2. Aufl. Nov. 1944: 7.500 Ex.; 3. Aufl. 1945: 10.000 Ex.; 4. Aufl. 1960: 3.000 Ex.; Nachdruck mit den Illustr. in Schwarzweiß: London: Routhledge & Kegan Paul 1975
Pancatantra. Die fünf Bücher indischer Lebensweisheit. Mit 107 Zeichnungen von Josef Scharl, hg. von Aloys Greither. München: Beck 1986 (die Orig.- Zeichnungen im Besitz von Susanne Fiegel, Velden)
Scharl, Josef: Fünfzig Zeichnungen zum Alten und Neuen Testament. Mit einer Einleitung von Aloys Greither. Düsseldorf, Wien: Econ 1967
– -: Der Requiem-Zyklus, erläutert an Hand seiner Skizzen und Zeichnungen von Aloys Greither. München: Verlag Galerie Günther Franke 1971, unpag.
Stifter, Adalbert: Rock Crystal. A Christmas Tale. Rendered into English by Elizabeth Mayer and Marianne Moore. Illustr. by Josef Scharl. New York: Pantheon Books 1945
Arnold, Matthias: Josef Scharl. In: Weltkunst Jg. 56, Nr. 20, 1986, S. 3014-3019 und Nr. 21, 1986, S. 3330-3335
Greither, Aloys und Armin Zweite: Josef Scharl. 1898-1954. Ausstellungskatalog Städtische Galerie im Lenbachhaus. München 1982
Kroll, Bruno: Josef Scharl. In: Das Kunstwerk V, 1951, H. 3, S. 50-53
Scharl – Josef Scharl. Introduction by Alfred Neumeyer. New York: Nierendorf Editions 1945
– – Josef Scharl. Last Paintings and Drawings. New York: (St. Etienne?) 1956
– – Josef Scharl. Kunstblätter der Galerie Nierendorf, 3. Ausstellungs- und Verkaufskatalog der Galerie Nierendorf. Berlin (West) 1964
– – Josef Scharl. Zum 70. Geburtstag. Ölbilder und Temperablätter. Ausstellungskatalog Galerie Nierendorf. Berlin (West) 1967
– – Josef Scharl. Kunstblätter der Galerie Nierendorf, 24. Ausstellungs- und Verkaufskatalog der Galerie Nierendorf. Berlin (West) 1971
– – Josef Scharl. Kunstblätter der Galerie Nierendorf, 29. Ausstellungs- und Verkaufskatalog der Galerie Nierendorf. Berlin (West) 1973
– – Josef Scharl. Ausstellungskatalog Museum am Ostwall Dortmund. Dortmund 1976
– – Josef Scharl. Gemälde, Temperas, Zeichnungen. Werke aus drei Jahrzehnten. Ausstellungskatalog Galerie Nierendorf. Berlin (West) 1983
– – Josef Scharl. Monographie und Werkverzeichnis, hg. von Andrea Firmenich. Mit einem Oeuvrekatalog der Gemälde, bearb. von Andrea Lukas und einem Verzeichnis der Druckgraphik von Peter Bronner. Köln 1999
– – Josef Scharl. Eine Retrospektive. Ausstellung der Kunsthalle Emden. Stiftung Henri und Eske Nannen. u.a. Kat. Andrea Firmenich. Berlin 1999


Autorin:

Rosa von der Schulenburg

 

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